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Mehr Öffentlichkeit für ein Tabuthema

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Die Böblinger Beratungsstelle bei Häuslicher Gewalt „Amila“ macht durch Plakate in Bussen auf das Thema Partnerschaftsgewalt aufmerksam.

Von Martin Dudenhöffer

KREIS BÖBLINGEN. Wer derzeit in Bussen des Öffentlichen Nahverkehrs im Kreis Böblin-gen unterwegs ist und für einen Moment die Augen im Bus kreisen lässt, wird die grünen Plakate der Beratungsstelle „Amila“ bemerken. Eindringlich schaut die Frau auf dem Poster den Betrachter an. Sie ist Opfer von Partnerschaftsgewalt geworden, wie Millionen weitere Frauen in Deutschland. Etwa jede vierte Frau erfährt häusliche Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner. Alle drei Tage wird in Deutschland eine Frau vom Partner und Ex-Partner ermordet.

Trotz dieser Schreckensbilanz gibt es Wege aus der Gewalt. Das Plakat in den Bussen zeigt einen möglichen Ausweg an, den betroffene Frauen im Kreis gehen können. Mit der Beratungsstelle bei Häuslicher Gewalt Amila in Böblingen haben Frauen eine Anlaufstelle, die von Montag bis Freitag regulär besetzt ist, auf Wunsch anonym berät und seit fast 30 Jahren über ihren Notruf auch nachts, an Wochenenden und Feiertagen erreichbar ist.

Mit der Plakataktion möchte Amila, zusammen mit dem Busunternehmen Pflieger und der Organisation „Inner Wheel“, ihre Präsenz im Öffentlichen Raum verstärken. Denn das Problem „Partnerschaftsgewalt“ hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Pandemie hat die Situation für viele Frauen weiter verschlechtert. Diesen Eindruck hat auch Nadine Walch-Krüger von Amila: „Schon im vergangenen Jahr haben wir einen starken Anstieg verzeichnet. In ‚normalen’ Zeiten kommen pro Woche etwa drei bis vier Neufälle hinzu. Seit geraumer Zeit haben wir neun bis zehn Neuanfragen.“

Beengte Wohnverhältnisse, wachsende berufliche und finanzielle Sorgen, fehlende Freizeitmöglichkeiten – das seien einige der Gründe, warum manche Männer seit Pandemiebeginn vermehrt gegenüber ihren Partnerinnen gewalttätig werden. „Gewalt gegen Frauen ist ein flächendeckendes Problem in Deutschland und ist nicht auf bestimmte Gesellschaftsschichten oder Nationalitäten begrenzt“, weiß Nadine Walch-Krüger. Auch ihre Kollegin im Notruf, Sabine Dohmen, kann dies aus ihrer langjährigen Erfahrung bestätigen: „Partnerschaftsgewalt ist ein Tabuthema und bleibt oft hinter verschlossenen Türen, dabei ist es ein großes, ein gesamtgesellschaftliches Problem.“ Um das Thema noch unmittelbarer in die öffentliche Aufmerksamkeit zu bringen, wird nun auch in Bussen aufgeklärt und werden Lösungswege aufgezeigt. „Mein Wunsch ist, dass man die Notrufnummer bei häuslicher Gewalt genauso im Kopf hat wie die der Polizei oder der Feuerwehr“, sagt Brigitte Pflieger. Mitfinanziert wird die vierwöchige Plakataktion von den Frauen von Inner Wheel. 2021 hat der Böblinger Verein die Beratungsstelle Amila mit einer Spendensumme von 10 000 Euro bedacht.

Mit den Busplakaten erhoffen sich die Spenderinnen, dass möglichst viele Menschen erreicht werden. „Im Bus sind viele unterwegs. Wenn eine Frau von häuslicher Gewalt betroffen ist, kann sie rasch ein Foto von dem Plakat machen und dann die Telefonnummer von Amila wählen. Mit den Plakaten wird wirksam auf dieses Problem aufmerksam gemacht“, fasst Reinhilde Weiß-Freisinger von Inner Wheel zusammen.

→ Amila ist erreichbar unter Telefon (0 70 31) 63 28 08. Das tägliche Notruftelefon (werktags ab 20 Uhr, wochenends und an Feiertagen) unter Telefon (0 70 31) 22 20 66. Bei akuter Hilfe den Polizei-Notruf wählen unter 110.

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Von jetzt an hängen in Bussen des ÖPNV Infoplakate von Amila – zur Freude der Beteiligten: Sabine Dohmen, Brigitte Pflieger, Nadine Walch- Krüger, Monika Wiedmann und Reinhilde Weiß-Freisinger (von links).       Foto: Eibner/Dimitri Drofitsch