Mittwoch, der 28. April, ein ganz besonderer Tag! Im März 2005 lud uns IWC Ortenau auf Anregung von Ev Maute-Morszeck, die früher „Ortenauerin“ war, zu sich ein. Aus diesem Erlebnis erwuchs eine lieb gewordene Tradition aus Gegeneinladung und Einladung bis heute. Nun hat diese Tradition ihren offiziellen Status als Freundschaftsclub, eingetragen im IWC Verzeichnis 2010/11, bekommen.
Am frühsommerlichen Morgen machten wir uns auf den Weg zu unserem Freundschaftsclub, dem IWC Ortenau. Ein zweites Frühstück mit Prosecco und ofenwarmen Schinkenhörnle rüstete uns noch einmal auf.
Endlich trafen wir unsere Freundinnen, vor der malerischen Kulisse des Rathauses und dem ältesten Hotel Offenburgs, der „Sonne“. Gleich wurde das „Rudel-Du“ mit einem Schluck Sekt in Kraft gesetzt. Wir haben zur bleibenden Erinnerung an diesen Tag eine „Herrenberger Glocke“ mitgebracht und sie mit „AMICITIA“ (Freundschaft) und mit der Jahreszahl 2010 gravieren lassen. Dann machten wir uns gemeinsam auf einen beeindruckenden, wunderbaren Weg.
Das erste Highlight: Unsere Ortenauer Freundin, Heide Gruber, führte uns! Dann kam so viel historisch Schönes, Interessantes und, wie immer in langen Zeitläuften, auch Grausames zu unseren Augen und Ohren, dass man mir Lücken verzeihen möge.
So wurde die 1148 erstmals erwähnte Stadt, in den Wirren des 30-jährigen Krieges, laut einer Legende, durch Erscheinen der heiligen Ursula auf der Stadtmauer vor allzu großem Unheil bewahrt. St. Ursula steht nun weiterhin wachsam als Stadtheilige auf hoher Säule auf dem Rathausplatz!
Aber 1689 schlugen die Truppen Ludwig XIV. zu und Offenburg wurde „totaliter ruiniert und in Asche gelegt“.
Bis 1803 freie Reichsstadt, entschied sich die Zugehörigkeit von der „vorderösterreichischen Landvogtei Ortenau“ in die „Einverleibung zum Großherzogtum Baden“. Und wirklich lag sie nun im Herzen Badens und entwickelte sich prächtig. Die Wirtschaft boomte. Leder- und Tabakfabriken, Webereien und Spinnereien, Emaille- und Glasplakatfabriken machten es bekannt. Auf dem Fuß folgte die Gründung von Schulen der verschiedensten Arten, bis hin zu einer Hochschule.
Die Familie Burda hat die Stadt merklich mitgeprägt. So führte uns Heide auch als erstes zu dem Vinzentiushaus, einem ehemaligen Patrizierhaus aus dem Spätbarock, nunmehr Seniorenwohnungen, gestiftet von Änne Burda. Hier ist auch der Sitz der gleichnamigen Stiftung. Ein wunderbarer Garten schließt sich an, belebt von den Faksimili des Lapidariums aus historischen Steindenkmälern, Grenzsteinen und Skulpturen. Die Originale ruhen im Gewölbekeller des Vinzentiushauses.
Unser Weg führte uns vorbei an einer steinbildhauerischen Komposition des Ölbergs, die die Situation Jesus vor seiner Verurteilung zeigt. Die Szene ist in einem Nischenbau in Form einer gotischen Kapelle untergebracht und gilt als Offenburgs wertvollstes Kunstdenkmal aus der Renaissance. Daneben erinnert ein großes Kruzifix an den alten Friedhof.
Ganz nah auch, die Heilig-Kreuz-Kirche aus dem Hochbarock. Ein lichter Bau, der unseren Seelen Weite schenkte. Der weithin sichtbare Kirchturm, 70 m hoch, war der Maßstab für den Endpunkt aller weiteren himmelwärts strebenden Gebäude, sie durften ihn nicht überragen.
Im Eckwinkel des spätbarocken Beck’schen Hauses, dem bedeutendsten Bürgerhaus Offenburgs, steht eine würdige Madonnenstatue, die in stiller Anmut ihr Gegenüber, das Einhorn auf der gleichnamigen Apotheke, ansieht. Sie weiß natürlich, dass ihr und nur ihr allein das Einhorn keinen Schaden zufügen kann.
Ein liebenswertes Kuriosum: Wir nähern uns dem malerischen Fischmarkt, mitten darauf der bekannte Löwenbrunnen, die Seiten gesäumt von dem eindrucksvollen Salzhaus, dessen klassizistische Fassade auch gleich das Waaghaus mit einbezieht und sehr prominent, auf anderer Seite, das Andreashospital. Wer dann glaubt, aus dessen Kapellenchor sei unten eine gewaltige Ecke heraus gebrochen, hat – fast – Recht. Sie wurde, sorgsam gebogt, heraus gearbeitet und auch das gegenüber liegende bürgerliche Haus beteiligte sich mit einer maßvollen Einbuchtung der Hausecke, um dem immer größer werdenden Fuhrwerken Platz zu machen.
Kuriosum 2: Auf dem Weg von einer Schönheit zur anderen, befremdete der Eindruck eines würfelförmigen Geschäftsgebäudes, total getäfelt mit großen, ziemlich schrillen, wie wir erfuhren, Glasplatten in orange-gelben Variationen. Unser eher verlegenes Staunen war gerechtfertigt, denn dieses Gebäude ging 1982 als das hässlichste Gebäude Deutschlands in das Guinnessbuch der Rekorde ein!
Der Kopf war nun voll, der Magen war leer und das Mittagsessen im „Gasthaus zur Sonne“ in Zell-Weiherbach hat die Innenverhältnisse aufs Köstlichste gerade gerückt. In diesem schönen Fachwerkbau finden Meetings und andere Events unserer Club-Freundinnen statt.
So, innerlich gut gerüstet, ging es dann in die Schule, ein liebenswert zusammengestelltes Museum aus fast 200 Jahren Schulgeschichte und ihrem Zubehör. Ein respektabler Lehrer, Outfit 1902, erzählte uns über die damalige Schulzeit. Dann wurde es ernst. In einem alten Klassenzimmer hatten wir uns zum Unterricht einzufinden! Obwohl der Herr Lehrer uns nun geduldig mit den sehr strengen Schulregeln bekannt machte, bekamen dann im Unterricht nicht wenige von uns aus der wohl allzu lockeren Gegenwart empfindliche Strafen. Zum Schluss waren wir perfekt, aber auch sehr nachdenklich!
Der schöne Tag ging wieder in der „Sonne“, aber nun im sommerlichen Garten, bei Kaffee und Kuchen und in gesprächsintensivster Harmonie, zu Ende. Leider!
Wir danken Euch, liebe Ortenauer Freundinnen, für den wunderschönen Tag, für Euren unentwegten Einsatz und die gefühlte Freundschaft!